Die Erfahrung von Omar Diallo und seinen Freunden während eines Angriffs an einem Sommerabend im Jahr 2020 offenbart eine dunkle Realität für Schwarze Gemeinschaften in Teilen Deutschlands, insbesondere im ostdeutschen Bundesland Thüringen. Diallo, ein Migrant aus Guinea, erinnert sich an den Schock und das Trauma, von einer Gruppe weißer Männer verfolgt und belästigt worden zu sein, ein erschreckendes Ereignis, das unterstreicht, wie Rassismus nach wie vor eine allgegenwärtige Bedrohung darstellt. Seine Erfahrung ist nicht einzigartig, denn immer wieder tauchen Geschichten über rassistische Feindseligkeit und Gewalt aus dieser Region auf. Viele Schwarze Menschen in Deutschland berichten von häufigem Rassismus, sei es in Form von Diskriminierung, verbalen Angriffen oder körperlicher Gewalt.
Seit der Wiedervereinigung Deutschlands gibt es klare kulturelle und politische Gräben zwischen dem ehemals demokratischen Westdeutschland und dem Osten, der bis 1989 unter einem kommunistischen Regime stand. Dieser politische Graben hat sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Perspektiven manifestiert, besonders in Bezug auf Diversität und Migration. Während die westlichen Teile Deutschlands vielfältiger geworden sind, haben viele ostdeutsche Bundesländer, einschließlich Thüringen, relativ homogene Bevölkerungen mit begrenztem Kontakt zu ethnischen Minderheiten. In Regionen wie Thüringen scheint die Feindseligkeit gegenüber Minderheiten durch rechtsextreme Gruppen verstärkt zu werden, die Xenophobie als politisches Werkzeug nutzen.
Der Aufstieg der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) hat die rassistischen Spannungen in Thüringen verschärft. Diese politische Partei, bekannt für ihre nationalistische Rhetorik und ihre anti-immigrantische Haltung, hat beträchtliche Popularität erlangt und sich als Stimme für “traditionelle Werte” und als Widerstand gegen das, was sie als kulturelle Verdünnung empfindet, positioniert. In Thüringen hat die AfD beträchtliche Unterstützung, wobei Umfragen zeigen, dass bis zu 30% der Wähler die Partei bevorzugen. Diese zunehmende Unterstützung für rechtsextreme Ideologien hat zu einer Atmosphäre beigetragen, in der xenophobe und rassistische Einstellungen immer mehr normalisiert werden.
Ezra, eine Nichtregierungsorganisation, die rassistische und antisemitische Gewalt verfolgt, verzeichnete 2023 in Thüringen 85 rassistische Angriffe, nach einem Rekordhoch von 88 Vorfällen im Jahr 2022. Diese Statistiken spiegeln ein zunehmend intensiveres Muster rassistischer Feindseligkeit wider. Experten argumentieren, dass der Anstieg extremistischer Gewalt auf eine ideologische Radikalisierung im Bundesland zurückzuführen ist, die zum Teil durch die aggressive Rhetorik der AfD gegen Migration und Minderheiten angeheizt wird. Mit dem wachsenden Einfluss der Partei stellt sie eine klare Bedrohung für Deutschlands Engagement für Menschenrechte dar, was bei Aktivisten, NGOs und Minderheitengemeinschaften gleichermaßen Alarm auslöst.
Die Geschichte der Schwarzen Menschen in Deutschland gibt weiteren Kontext zu diesen jüngsten Entwicklungen. Schwarze Gemeinschaften gibt es in Deutschland seit Jahrhunderten, beginnend mit Deutschlands kolonialer Beteiligung in Afrika, wo es von Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Kolonien unterhielt. Heute leben schätzungsweise 1,27 Millionen Menschen afrikanischer Abstammung in Deutschland, von denen mehr als 70% im Land geboren wurden. Allerdings hat Deutschland erst kürzlich begonnen, sich mit seiner kolonialen Vergangenheit auseinanderzusetzen, wie die Entschuldigung des deutschen Präsidenten für die kolonialen Gräueltaten in Tansania im Jahr 2023 zeigt. Das Fehlen einer historischen Auseinandersetzung hat eine Wissenslücke hinterlassen, die laut einigen zu rassistischen Vorurteilen gegen Schwarze Menschen im heutigen Deutschland beiträgt.
Das feindliche Klima in Thüringen ist eine Realität für Schwarze Bewohner und andere Minderheiten, die sich oft unsicher fühlen. Doreen Denstaedt, die Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz des Bundeslandes, hat offen über ihre eigenen Erfahrungen als Schwarze Frau in Ostdeutschland gesprochen. Sie erinnert sich an häufige Diskriminierung und die Notwendigkeit, wachsam gegenüber potenziellen Angriffen zu bleiben. Ihre Ängste spiegeln die vieler Menschen wider, die das Gefühl haben, dass die gesellschaftliche Akzeptanz rassistischer Narrative zunimmt.
Trotz der Bedrohung haben viele in Thüringens Schwarzer Gemeinschaft sich geweigert, zu gehen. Führungspersönlichkeiten wie Daniel Egbe, ein in Kamerun geborener Chemiker, der 1994 nach Thüringen zog, setzen sich dafür ein, diese diskriminierenden Strukturen herauszufordern. Egbe gründete AMAH, eine Organisation, die afrikanischen Studierenden und Migranten, die mit Rassismus konfrontiert sind, Unterstützung bietet. Das Engagement von Persönlichkeiten wie Egbe und Diallo, der Rechtswissenschaften studiert, um sich für Gerechtigkeit einzusetzen, zeigt die Widerstandskraft innerhalb der Schwarzen Gemeinschaften. Diallo, trotz des Traumas seines Angriffs, hat sich dem Kampf für gleiche Rechte für Schwarze Menschen in Deutschland verschrieben.
Mit den bevorstehenden Landtagswahlen wird der mögliche politische Erfolg der AfD in Bundesländern wie Thüringen, Sachsen und Brandenburg eine Atmosphäre der Unruhe unter Minderheiten und jenen schaffen, die sich für den Schutz der Bürgerrechte einsetzen. Diese Wahlen könnten als Referendum über Deutschlands Engagement im Kampf gegen rechtsextremistische Gewalt und für die Wahrung seiner demokratischen und inklusiven Werte dienen. Sollte die AfD ihren Aufwärtstrend fortsetzen, werden Minderheiten in Thüringen und anderen Teilen Ostdeutschlands voraussichtlich weiteren Herausforderungen gegenüberstehen.
Die Beharrlichkeit und der Mut von Aktivisten, Gemeinschaftsführern und Migranten unterstreichen die Weigerung, sich Angst und Vorurteilen zu beugen. Während der Aufstieg der rechtsextremen AfD die Gräben in Thüringen vertieft und den Rassismus sichtbarer gemacht hat, hat er auch den Widerstand jener gestärkt, die sich gegen diese spaltenden Kräfte wehren.