Deutschland steht kurz vor der Bildung einer neuen Regierung: CDU/CSU und SPD haben sich auf eine Koalition geeinigt. Der außenpolitische Druck und US-Präsident Donald Trumps Zollpolitik beschleunigten offenbar die Verhandlungen, da diese Maßnahmen die exportorientierte deutsche Wirtschaft stark treffen.
Friedrich Merz, CDU-Chef und wohl künftiger Kanzler, erklärte, Deutschland befinde sich in einer Phase „zunehmender geopolitischer Spannungen“. Die neue Koalition wolle global mitgestalten. SPD-Chef Lars Klingbeil sprach von einem „historischen Wendepunkt“.
Die neue Regierung, die voraussichtlich Anfang Mai startet, steht vor mehreren außenpolitischen Herausforderungen.
Handelspolitik unter Druck
Trumps aggressive Importzölle destabilisieren die Weltmärkte und treffen Deutschland hart – besonders da das Land seit über zwei Jahren in der Rezession steckt. Weil die EU den transatlantischen Handel regelt, kann Deutschland keine eigenständigen Verträge schließen. Die Koalition will kurzfristig Handelskonflikte vermeiden und mittelfristig ein Freihandelsabkommen mit den USA anstreben.
Spannungen in den transatlantischen Beziehungen
Merz galt lange als Verfechter enger US-Beziehungen, doch Trumps Vorwürfe gegen die Ukraine und seine öffentliche Bloßstellung von Präsident Selenskyj haben ihn erschüttert. Obwohl Merz bei BlackRock arbeitete und NATO-Treue betont, sind die Beziehungen zu Trump angespannt. Ein Treffen ist nicht geplant.
Unklarheit bei Militärhilfe für die Ukraine
Zwar signalisiert die Koalition Unterstützung für die Ukraine, doch Entscheidungen zur Waffenhilfe – etwa Taurus-Marschflugkörper – stehen aus. Merz befürwortete die Lieferung, Scholz lehnte sie mit Hinweis auf mögliche Eskalation ab.
Europäische Verteidigung stärken
Merz zweifelt, ob Trump im Ernstfall die NATO-Verpflichtungen erfüllen würde. Daher soll die europäische Verteidigung gestärkt werden, inklusive massiver Investitionen in die Bundeswehr. Auch eine nukleare Abschreckung durch Frankreich und Großbritannien wird diskutiert – eine politisch heikle Frage.
Deutschlands EU-Politik unter Druck
Merz warf Scholz eine Vernachlässigung der EU-Partnerschaften vor und sucht nun engere Beziehungen zu Frankreich und Polen. Doch das EU-weite Interesse an vertiefter Integration sinkt, während rechte Populisten erstarken.
Wirtschaft und Sicherheit im China-Kontext
Angesichts der Spannungen mit den USA sehen manche in China einen Alternativpartner. Doch die Zeiten des profitablen China-Geschäfts sind vorbei. Die neue Koalition will sicherheitskritische Investitionen – besonders aus China – in sensiblen Bereichen blockieren.
Netanjahus möglicher Deutschlandbesuch
Die Beziehungen zu Israel sind kompliziert: Aus historischer Verantwortung steht Deutschland zum Existenzrecht Israels. Doch Israels Militäreinsätze in Gaza stoßen zunehmend auf Kritik. Da der Internationale Strafgerichtshof 2024 einen Haftbefehl gegen Israels Premier Netanjahu erließ, müsste Deutschland ihn bei einer Einreise festnehmen – eine heikle Situation für Berlin.