In Deutschland ist ein Rückgang der Asylanträge zu verzeichnen – doch Fachleute mahnen zur Vorsicht bei der Interpretation der Zahlen.
Wie die Welt am Sonntag berichtet, erhielt Frankreich im ersten Quartal 2025 die meisten Asylanträge in der EU: 40.871. Es folgten Spanien (39.318) und Deutschland (37.387). Die Zahlen sind von der EU-Asylbehörde (EUAA) zwar noch nicht bestätigt, doch Daten von EU und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigen ebenfalls rückläufige Tendenzen.
Im März 2025 registrierte das BAMF nur 10.647 Anträge – der niedrigste Wert seit Beginn der Corona-Pandemie.
Sinkende Zahlen – klarer Trend?
Deutschland war lange das Hauptzielland für Asylsuchende in der EU. Zwar blieb das Land auch 2024 führend, doch die Anträge gingen im Vergleich zu 2023 um rund ein Drittel zurück. EU-weit sank die Zahl um 11 %, auf etwas über eine Million.
Seit Oktober 2024 ist der Rückgang stabil – vor allem bei Schutzsuchenden aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.
Die EUAA bestätigte gegenüber der DW, dass sie von dem Medienbericht weiß, kommentierte aber nicht, da es sich um nicht offiziell freigegebene Zahlen handelt.
Asyl ist keine Wahl
Menschen fliehen wegen Krieg, Verfolgung, politischer Instabilität oder Klimafolgen – unfreiwillig. „Flucht ist keine Entscheidung, sondern eine Notwendigkeit“, sagt Sarah Wolff, Asylexpertin der Universität Leiden. Asylsuchende „suchen“ sich ihr Ziel nicht aus, sondern fliehen meist in benachbarte sichere Regionen.
Eine Studie der Universität Southampton (2024) zeigt: Soziale Netzwerke und vorhandene Diaspora-Gemeinschaften sind oft entscheidend bei der Wahl des Zufluchtsorts.
Weniger Anträge bedeuten also nicht zwangsläufig weniger Fluchtbewegungen.
Was steckt wirklich hinter dem Rückgang?
Rückläufige Zahlen können viele Gründe haben. Afghanistan ist ein Beispiel: Die Flucht wird dort immer schwieriger. „Viele wollen fliehen, können aber nicht“, sagt Wolff.
Hinzu kommen politische Veränderungen oder Einschränkungen bei der Bearbeitung von Asylanträgen. In Deutschland etwa wurden Asylanträge von Syrern nach dem Sturz des Assad-Regimes zeitweise ausgesetzt.
Alberto-Horst Neidhard vom European Policy Centre rät, langfristige Entwicklungen zu betrachten – kurzfristige Schwankungen seien wenig aussagekräftig.
Weniger Anträge bedeuten nicht mehr Sicherheit
Ein Rückgang von Asylanträgen bedeutet nicht automatisch, dass die Welt sicherer wird. Strenge Grenzkontrollen, Angst vor Abschiebung oder ablehnende Stimmung in Zielländern schrecken viele ab.
Auch Flucht ist teuer und riskant. Hinzu kommen rechtliche Hürden, die überwunden werden müssen.
„Solche Zahlen sollten immer historisch eingeordnet werden“, sagt Neidhard. Ohne außergewöhnliche Ereignisse wie eine Pandemie seien keine dramatischen Einbrüche zu erwarten.
Wichtig sei, die Illusion zu vermeiden, dass irreguläre Migration völlig verhindert werden könne – oder dass sinkende Asylanträge ein Zeichen für mehr globale Sicherheit seien.