Usbekistan und Deutschland haben am 20. Juni 2025 offiziell ein Regionalprojekt zur nachhaltigen Stadtentwicklung in Zentralasien gestartet – mit Schwerpunkt auf klimaresilienter und partizipativer Stadtentwicklung in Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisistan. Finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), stellt das Projekt einen bedeutenden Fortschritt im Umgang mit den Folgen der Umweltzerstörung durch die rasche Urbanisierung in den besonders empfindlichen Regionen Zentralasiens wie dem Fergana-Tal dar.
Diese Analyse beleuchtet die Ziele des Projekts, den Kontext der deutsch-usbekischen Zusammenarbeit sowie die Chancen und Herausforderungen, die mit nachhaltiger Stadtentwicklung und regionaler Entwicklung bis 2028 und darüber hinaus verbunden sind.
Uzbekistan calls China a strategic partner, with investments expected to reach $15B this year. Stronger transport links like the China–Kyrgyzstan–Uzbekistan route are key to boosting regional trade and connectivity. pic.twitter.com/vJ1XaFLSSB
— Frontline (@Frontlinestory) June 16, 2025
Regionalprojekt: Ziele und Ansatz
Wie adressiert das Regionalprojekt die Urbanisierung und Umweltbelastungen in Zentralasien?
Die Städte Zentralasiens wachsen rasant. Industrielle Expansion und eine erhöhte Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen setzen natürliche Ressourcen wie Wasserqualität, Bodenfruchtbarkeit, Luft und Biodiversität zunehmend unter Druck. Die Umweltzerstörung betrifft insbesondere das Fergana-Tal, das sich über Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisistan erstreckt. Während Anpassungsstrategien an den Klimawandel bisher vor allem auf nationaler Ebene stattfanden, sollen nun auch Städte als aktive Akteure zur Erreichung von Klima- und Entwicklungszielen gestärkt werden.
Das neue Regionalprojekt zielt darauf ab, die lokale Steuerungskompetenz zu verbessern und klimaorientierte Stadtentwicklungsstrategien in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung zu fördern. Der Dialog zwischen Städten wird angeregt, um den Erfahrungsaustausch und gemeinsame Lösungsansätze zu ermöglichen.
Kapazitätsaufbau und partizipative Stadtentwicklung
Wie sollen Fachkräfte und Gemeinden gestärkt werden?
Ein zentraler Bestandteil des Programms ist die Qualifizierung von Stadtplanern und Verwaltungsakteuren, die oft nicht über ausreichende Ressourcen oder Kenntnisse verfügen, um Klimaschutz in die Stadtgestaltung zu integrieren. Das Projekt bietet Weiterbildungsmöglichkeiten und unterstützt Entscheidungsträger bei der Entwicklung klimaresilienter, partizipativer Planungsansätze.
Zudem werden Pilotprojekte durchgeführt, die klima- und geschlechtersensible Stadtentwicklungsmaßnahmen auf lokaler Ebene demonstrieren. Die Bevölkerung wird aktiv eingebunden – beispielsweise über Arbeitsinitiativen – und in Entscheidungsprozesse integriert.
Usbekistans Rolle im Kontext der Entwicklung
Warum ist Usbekistan so zentral für das Projekt?
Usbekistan ist mit rund 36 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat Zentralasiens und spielt eine Schlüsselrolle in der wirtschaftlichen Entwicklung und Stabilität der Region. Nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 hat das Land unter Präsident Shavkat Mirziyoyev weitreichende Reformen eingeleitet, um eine moderne Marktwirtschaft mit ökologischer Transformation und nachhaltiger Stadtentwicklung zu verbinden.
Deutsch-usbekische Entwicklungszusammenarbeit
Wie unterstützen Deutschland und die EU Usbekistan konkret?
Deutschland ist der wichtigste bilaterale Entwicklungspartner Usbekistans in Zentralasien. Zwischen 2022 und 2023 stellte die Bundesrepublik bis zu 195 Millionen Euro zur Verfügung, um die Reformagenda des Landes zu fördern – insbesondere im Bereich nachhaltiger Stadtentwicklung.
Die deutsch-usbekische Kooperation konzentriert sich auf vier Hauptthemen:
- Gute Regierungsführung und inklusive Gesellschaften
- Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, inklusive Berufsbildung und Privatsektor
- Klima- und Energiewandel mit Fokus auf nachhaltige Stadtentwicklung
- Gesundheit, Sozialschutz und Bevölkerungspolitik
Die Projekte orientieren sich eng an der EU-Strategie zur Zusammenarbeit mit Usbekistan und umfassen auch grenzüberschreitende Programme im Bereich Klimaresilienz, Rechtsreformen und nachhaltige Ressourcennutzung.
Aktuelle Förderungen und Projekte
Welche neuen Investitionen tätigt Deutschland in Usbekistan?
Im Dezember 2024 stellte die GIZ Usbekistan 9 Millionen Euro für die Entwicklung “grüner” Stadtentwicklungspläne zur Verfügung. Diese sollen nachhaltige Planung und Klimaresilienz stärken. Die Zuwendung folgt auf weitere 9 Millionen Euro für grüne Wirtschafts- und Industrielösungen sowie zusätzliche 3 Millionen Euro, die auf der COP29 in Baku zur Förderung grüner Industrieparks bereitgestellt wurden.
Das usbekische Ministerium für Wirtschaft und Finanzen gab an, dass Deutschland allein im Jahr 2025 rund 12 Millionen Euro an Fördermitteln für die Transformation hin zu einer grünen Wirtschaft bereitstellt.
Komplementäre Stadtentwicklungsinitiativen
Welche weiteren internationalen Organisationen sind beteiligt?
Integriertes Stadtentwicklungsprojekt der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB)
Die ADB investiert 68,15 Millionen US-Dollar in Usbekistans Sekundärstädte Djizzak, Khiva und Yangiyer, um klimaresiliente Wasser-, Abwasser- und Abfallmanagementsysteme sowie digitale Transformationen im Tourismus- und Wassersektor zu fördern.
Investitionen in Waste-to-Energy-Projekte
Usbekistan plant Investitionen von etwa 1,3 Milliarden US-Dollar in neue Waste-to-Energy-Anlagen, die über 2 Milliarden kWh Strom produzieren sollen. Ziel ist es, die Energieversorgung nachhaltiger zu gestalten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.
Regionale und internationale Kooperation
Welche Rolle spielt Deutschland in Zentralasien?
Deutschland ist das einzige Land mit einem bilateralen Kooperationsprogramm mit Usbekistan. Es fokussiert sich auf die Themen Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung, Klima- und Energiewandel sowie Gesundheit.
Kooperation mit der EU
Das EU-Kooperationsprogramm mit Usbekistan ergänzt die deutsche Entwicklungshilfe. Gemeinsam arbeiten beide an Klimaresilienz, nachhaltiger Ressourcennutzung und regionaler Integration – mit dem Ziel, gemeinsame Klimaziele zu erreichen.
Arbeitsmigration und Berufsbildung
Im April 2025 unterzeichneten Deutschland und Usbekistan ein Abkommen zur Erleichterung der Arbeitsmigration. Es umfasst Berufsbildung und Sprachförderung – ein Meilenstein bilateraler Zusammenarbeit und wirtschaftlicher Integration.
Klima- und Nachhaltigkeitsziele in Usbekistan
Welche Strategien verfolgt Usbekistan bis 2030?
Die usbekische Strategie 2030 zielt auf eine Verdopplung der Wirtschaftsleistung, den Aufstieg zum Land mit mittlerem Einkommen und eine Urbanisierungsquote von über 60 %. Die Stadt Samarkand soll auf über eine Million Einwohner anwachsen.
Das Land verpflichtet sich zudem, jährlich 200 Millionen Bäume zu pflanzen und den öffentlichen Nahverkehr vollständig auf umweltfreundliche Systeme umzustellen. Diese ambitionierten Ziele sind Teil eines UN-gestützten Programms zur Förderung klimaresilienter Städte in Zentralasien.
Jahr des Umweltschutzes und Klimaforen
2025 wurde zum offiziellen “Jahr des Umweltschutzes und der grünen Wirtschaft” erklärt. Anfang des Jahres fand das Klimaforum in Samarkand statt, das die regionale Zusammenarbeit zur Förderung nachhaltiger Stadtentwicklung stärken soll.
Forschungs- und Innovationspartnerschaften
Wie fördern Deutschland und Usbekistan gemeinsam wissenschaftliche Forschung?
Über eine bilaterale Innovationsinitiative unterstützen deutsche und usbekische Wissenschaftler gemeinsame Forschung in Bereichen wie nachhaltige Stadt- und Landentwicklung, Umwelt- und Klimawissenschaften, nachhaltige Landwirtschaft und Energie.
CLIENT II Initiative des BMBF
Zwischen 2017 und 2021 förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen von CLIENT II 14 Forschungsprojekte in Zentralasien mit insgesamt 17 Millionen Euro. Ziel ist die Entwicklung praktischer Lösungen für Klima- und Wassermanagement, Rohstoffeffizienz und Risikominderung.
Praktische Auswirkungen und Zukunftsausblick
Wie sieht die praktische Umsetzung aus?
Deutschland und Usbekistan investieren gemeinsam in kommunale Infrastruktur – darunter Wasserversorgung, Abwassersysteme, energieeffiziente Gebäude und öffentliche Beleuchtung. Der Fokus liegt auf mittelgroßen Städten in der Fergana-Region und Surxondaryo, die spezifische ökologische und soziale Herausforderungen bewältigen müssen.
Partizipation und Klimaanpassung
Das Projekt betont partizipative Stadtentwicklung – lokale Bevölkerung soll in klimaresiliente Planungen eingebunden werden. So wird langfristige Wirkung gesichert und die Eigenverantwortung der Menschen gestärkt.
Potenzial für regionale Zusammenarbeit
Das Regionalprojekt zwischen Usbekistan und Deutschland ist ein Modell für integrative, klimaresiliente Stadtentwicklung in Zentralasien. Mit langfristigen Investitionen, deutscher Finanz- und Technikhilfe sowie usbekischen Reformen soll eine nachhaltige Stadtplanung etabliert werden.
Die Fortschritte Usbekistans bei ökologischen und ökonomischen Reformen sind erkennbar – das Projekt zeigt beispielhaft, wie bilaterale Partnerschaften positive Veränderungen für Millionen von Stadtbewohnern bewirken und als Kooperationsmodell für die gesamte Region dienen können.