Die jüngsten außenpolitischen Äußerungen und Handlungen von Bundeskanzler Friedrich Merz, insbesondere seine umstrittene Bemerkung über die „Drecksarbeit“, die Israel im Hinblick auf den Iran angeblich verrichte, haben sowohl in Deutschland als auch international eine heftige Debatte ausgelöst. Diese Analyse beleuchtet Merz’ zentrale Aussagen, die innen- und außenpolitischen Reaktionen, den faktischen Kontext des eskalierenden Israel-Iran-Konflikts sowie die weitreichenden Implikationen von Merz’ außenpolitischen Kurs. Anhand der vorliegenden Informationen wird deutlich, wie Merz’ Rhetorik und diplomatischer Stil einen markanten Bruch mit der außenpolitischen Tradition der Nachkriegszeit darstellen – und wie diese Fragen zur Rolle Deutschlands in der Welt aufwirft.
Zentrale Aussagen und Zitate von Kanzler Friedrich Merz
Beim G7-Gipfel 2025 im kanadischen Kananaskis traf Bundeskanzler Merz mehrere aufsehenerregende außenpolitische Aussagen. In einem Live-Interview mit dem ZDF sagte er, dass es möglicherweise „keine andere Option“ als die vollständige militärische Zerstörung des iranischen Atomprogramms gebe, falls Teheran sich weiterhin weigert zu verhandeln. Während Israel nicht über die dafür notwendigen Waffen verfüge, hätten „die Amerikaner sie sehr wohl“, so Merz. Diese deutliche Sprache bezüglich möglicher Militärschläge stellt eine deutliche Abkehr vom traditionell zurückhaltenden deutschen Diplomatenstil dar.
Auch auf den vom Interviewer eingebrachten Begriff „Drecksarbeit“ im Zusammenhang mit Israels Angriffen reagierte Merz nicht ablehnend – im Gegenteil: Er bedankte sich und bekräftigte, Israel leiste diese Aufgabe „für uns alle“ im Kampf gegen das „Mullah-Regime“, dem er vorwarf, „Tod und Zerstörung über die Welt gebracht“ zu haben. Diese explizite Deutung von Israels militärischer Rolle als notwendige, wenn auch unangenehme Pflicht für die internationale Gemeinschaft ist in der Geschichte deutscher Kanzler beispiellos – besonders angesichts Deutschlands Nachkriegsmaxime von Zurückhaltung und Legalität.
Zurück in Berlin bekräftigte Merz seine Aussagen erneut und erklärte, er habe „viel Lob“ für seine Wortwahl erhalten und sehe „keinen Grund, daran etwas zu ändern“. Er äußerte Respekt für den Mut der israelischen Führung und lehnte es ab, die israelischen Angriffe als „Angriffskrieg“ zu bezeichnen. Wenn Israel eine unmittelbare Bedrohung durch den Iran wahrnehme, habe er „keine Grundlage, um dem zu widersprechen“. Diese Haltung unterstreicht Deutschlands klare Positionierung an der Seite Israels – trotz der eskalierenden Lage im Nahen Osten.
In einem gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in der Financial Times veröffentlichten Meinungsbeitrag rief Merz zur europäischen Wiederbewaffnung auf und warnte: „Krieg tobt, Normen erodieren.“ Diese Aussage spiegelt die Sorge über den Verfall internationaler Regeln wider – sowohl im Israel-Iran-Konflikt als auch im Krieg in der Ukraine. Merz’ Appell zu militärischer Stärkung Europas signalisiert ein Ende der deutschen Verteidigungszurückhaltung.
Beim G7-Gipfel einigte sich Merz mit US-Präsident Donald Trump auf die Notwendigkeit einer Deeskalation im Israel-Iran-Konflikt und eines Endes des iranischen Atomprogramms. Allerdings gelang es Merz nicht, Trump zu weiteren Sanktionen gegen Russland zu bewegen – ein zentrales Anliegen für Deutschland und seine europäischen Partner. Merz forderte dennoch verschärften Druck auf Moskau zur Schwächung von Putins Kriegsmaschinerie.
Reaktionen aus dem In- und Ausland
Im Inland rief Merz’ Rhetorik scharfe Kritik hervor. Adis Ahmetovic, außenpolitischer Sprecher der SPD, nannte Merz’ Äußerungen „nicht hilfreich“ und betonte, dass „Deeskalation“ in dieser Lage oberstes Ziel sein müsse. Deborah Düring (Grüne) bezeichnete Merz’ Aussagen als „zynisch und unwürdig“, während Sören Pellmann von der Linkspartei ihm vorwarf, der „verheerenden Logik des Rechts des Stärkeren“ zu folgen und Deutschlands internationales Ansehen zu beschädigen.
Die „Drecksarbeit“-Aussage sorgte insbesondere bei Merz’ Koalitionspartner SPD für große Irritation – eine Partei, die seit dem Zweiten Weltkrieg das Festhalten an internationalem Recht als Grundpfeiler deutscher Außenpolitik betrachtet. Die SPD befürchtet, Merz’ Worte könnten Deutschlands diplomatische Glaubwürdigkeit untergraben.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) versuchte zusammen mit seinen französischen und britischen Kollegen in letzter Minute Gespräche mit iranischen Vertretern zu führen, um eine Eskalation zu vermeiden. Die Bundesregierung veröffentlichte später eine Erklärung, in der sie Israels Sicherheit unterstützte, zugleich jedoch zu Zurückhaltung aufrief – ein Versuch, Solidarität und Deeskalation auszubalancieren.
Merz’ außenpolitischer Stil wird als improvisierend und emotional beschrieben – im starken Kontrast zur eher nüchternen, vorsichtigen Diplomatie seines Vorgängers Olaf Scholz. Dies führte bereits zu diplomatischen Fehltritten, darunter innenpolitisch umstrittene Initiativen wie verschärfte Asylgesetze mit Unterstützung der AfD und unbelegte Behauptungen über angebliche Belastungen des Gesundheitssystems durch Asylbewerber.
International wirkt Merz’ direkte, emotionale Rhetorik zwar mitunter durchsetzungsfähig, birgt jedoch das Risiko von Missverständnissen und außenpolitischen Spannungen – etwa durch die spürbare Distanzierung von Partnern wie Frankreich und Großbritannien, die stärker auf diplomatische Lösungen setzen. Mit seiner kompromisslosen Haltung und offenen Unterstützung Israels signalisiert Merz eine neue deutsche Außenpolitik – offensiver, aber auch risikobehaftet.
Fakten zur Eskalation und diplomatischen Lage
Hintergrund von Merz’ Aussagen ist der eskalierende Konflikt zwischen Israel und Iran. Am 22. Juni 2025 bombardierten US-Streitkräfte die iranischen Atomanlagen in Fordow, Natanz und Isfahan – eine deutliche Eskalation. Dies geschah nach einer bereits laufenden israelischen Militäroperation gegen das iranische Nuklearprogramm – von Merz als „Drecksarbeit“ beschrieben.
Während der G7-Gipfel keine gemeinsame Erklärung zur Ukraine zustande brachte, wurde eine einheitliche Haltung zu Iran formuliert: Iran dürfe „niemals über Atomwaffen verfügen“, und es solle weiterhin diplomatische Anstrengungen zur Krisenlösung geben. US-Präsident Trump verließ das Treffen jedoch frühzeitig, um sich dem Konflikt im Nahen Osten zu widmen, der nur vier Tage vor Merz’ Interview eskaliert war.
Merz’ 20-minütiges Treffen mit Trump während des Gipfels konzentrierte sich auf die Lage im Nahen Osten und den Ukrainekrieg. Merz beschrieb das Gespräch als „offen und ehrlich“, zeigte sich aber enttäuscht über die fehlende US-Zusage zu weiteren Russland-Sanktionen – ein Zeichen für die schwierige transatlantische Koordinierung in Sicherheitsfragen.
Bemerkenswert war Merz’ Forderung, Reichweitenbeschränkungen für Waffenlieferungen an die Ukraine aufzuheben – ein deutlicher Schritt hin zu einer aggressiveren deutschen Unterstützung gegen Russland. Diese Position passt zu Merz’ Aufruf zur europäischen Wiederbewaffnung und zu mehr Druck auf Moskau.
Zusammenfassung von Merz’ außenpolitischer Linie und deren Folgen
Kanzler Friedrich Merz vertritt außenpolitisch eine harte Linie gegenüber dem Iran und unterstützt offen die Möglichkeit, das Atomprogramm militärisch zu zerstören, falls Diplomatie scheitert. Seine Bewertung der israelischen Angriffe als „notwendige Drecksarbeit“ markiert einen klaren Bruch mit der vorsichtigen, legalitätsorientierten Außenpolitik der Nachkriegszeit und zeigt eine deutliche Annäherung an israelische Sicherheitsinteressen.
Zugleich befürwortet Merz härtere Sanktionen gegen Russland, hat jedoch Schwierigkeiten, dafür US-Unterstützung zu gewinnen – ein Hinweis auf die Herausforderungen transatlantischer Partnerschaft. Seine Rhetorik sorgt für innenpolitische Spannungen und wirft Fragen nach der Einhaltung internationaler Normen auf.
Sein improvisierender Kommunikationsstil hebt ihn von Vorgängern ab, birgt aber die Gefahr diplomatischer Fehltritte und Entfremdung europäischer Partner. Der Ruf nach Wiederbewaffnung Europas signalisiert ein neues sicherheitspolitisches Selbstverständnis – das jedoch mit Deutschlands traditioneller Zurückhaltung kollidiert.
Fazit: Die Zukunft der deutschen Außenpolitik unter Merz
Die „Drecksarbeit“-Aussagen und der neue außenpolitische Kurs von Friedrich Merz markieren einen grundlegenden Bruch mit Deutschlands multilateraler, diplomatieorientierter Nachkriegstradition. Seine harte Haltung gegenüber Iran und Russland ist eine Reaktion auf reale Bedrohungen, doch seine Rhetorik und der spontane Stil gefährden Deutschlands Glaubwürdigkeit und Zusammenhalt in EU und NATO.
Merz’ Unterstützung für Israels Militäreinsätze und sein Aufruf zur europäischen Wiederbewaffnung deuten auf eine selbstbewusstere Rolle Deutschlands in der Welt hin – verbunden jedoch mit der Herausforderung, innenpolitische Gräben zu überbrücken und internationale Partner nicht zu verlieren.
Die durch seine Aussagen ausgelöste Kontroverse macht deutlich: Merz wird in den kommenden Monaten klare, strategisch abgestimmte außenpolitische Leitlinien vorlegen müssen, um Verbündete zu beruhigen und Deutschlands Verpflichtung zu Frieden und Stabilität zu untermauern.
In einer Zeit globaler Konflikte und erodierender Normen wird sich zeigen, ob Merz Deutschland sicher durch die Krise führen kann – ohne seine Grundprinzipien oder internationale Integrität zu opfern. Der Begriff „Drecksarbeit“ könnte zum Symbol eines riskanten neuen Kapitels in der deutschen Außenpolitik werden – eines, das reflektiertes Handeln und klare Entscheidungen verlangt.