Afrika bleibt im Jahr 2025 eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregionen der Welt, getragen von starkem BIP-Wachstum in Ländern wie Tansania, der Elfenbeinküste und dem Senegal. Bevölkerungszuwächse befeuern eine steigende Nachfrage nach Infrastruktur, Konsumgütern und Energielösungen und machen den Kontinent zu einem riesigen Markt mit wirtschaftlichem Potenzial. Zwischen 2014 und 2024 stiegen die deutschen Exporte nach Subsahara-Afrika jedoch nur geringfügig – von 13,3 Milliarden auf 14,2 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt stagniert das Handelsvolumen nahezu vollständig.
Während Deutschlands Handelszahlen stagnieren, sichern sich Länder wie China, Indien, die Türkei und mehrere Golfstaaten durch entschlossene Investitionsstrategien entscheidende Marktanteile. China allein deckt über 60 Prozent des globalen Abbaus seltener Erden und verfügt über nahezu 90 Prozent der Raffinierungskapazität. Das verschafft China einen enormen Vorteil – vor allem angesichts Afrikas Reichtum an Kobalt, Lithium und Bauxit, die für grüne Technologien und die digitale Transformation unerlässlich sind.
Diese wachsende Lücke zwischen Deutschlands zurückhaltender Haltung und dem offensiven Vorgehen der Wettbewerber birgt geopolitische und wirtschaftliche Risiken. Deutschland droht, an Einfluss in einer Region zu verlieren, die künftig für globale Lieferketten und Marktwachstum entscheidend sein wird.
Rohstoffe, Abhängigkeiten und strategische Hebel
Kritische Rohstoffe aus Afrika sind die Grundlage für Technologien, die für Europas grüne Energiewende und digitale Infrastruktur unverzichtbar sind. Deutschlands hohe Importabhängigkeit – insbesondere von China – hat die Notwendigkeit verstärkt, alternative und verlässliche Quellen zu erschließen. Der Geschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, Christoph Kannengiesser, warnt, dass Deutschlands mangelnde strategische Klarheit die europäische Abhängigkeit von chinesischen Lieferketten verschärft.
Mit der weltweit steigenden Nachfrage nach Batterien, E-Fahrzeugen und erneuerbaren Energien wird Afrikas Rohstoffreichtum zu einem geopolitischen Hebel. Gleichzeitig fördern Initiativen wie die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) einen integrierten afrikanischen Markt und erhöhen damit die Attraktivität für internationale Investoren. Wenn Deutschland nicht rasch handelt, könnten andere Staaten diesen strategischen Vorteil dauerhaft sichern.
Deutschlands aktuelle Position und strukturelle Hindernisse
Späte Strategieverabschiedung
Deutschlands offizielle Afrika-Strategie wurde erst kurz vor der Bundestagswahl 2024 verabschiedet – zu spät, um auf den sich rasant wandelnden globalen Wettbewerb wirksam reagieren zu können. Eine langfristige, integrierte Strategie, die Handel, Diplomatie und Entwicklung miteinander verknüpft, bleibt bislang aus und erschwert es deutschen Unternehmen, in Afrika Fuß zu fassen.
Bürokratische Hürden, langwierige Visa-Verfahren und unzureichende wirtschaftliche Vertretung durch Botschaften belasten die deutschen Mittelständler. Unternehmer wie Tom Halgasch, der medizinische Labore in Westafrika betreibt, berichten von aktiver Unterstützung durch belgische oder niederländische Diplomaten – im Gegensatz zur zögerlichen Haltung deutscher Vertretungen.
Chancen durch nachhaltige Kooperation
Trotz Rückständen punktet Deutschland mit seinem Fokus auf nachhaltige Investitionen, Qualität und langfristige Partnerschaften. Dieser Ansatz harmoniert mit dem wachsenden afrikanischen Interesse an verantwortungsvoller wirtschaftlicher Entwicklung. Deutschlands Ruf für technologische Exzellenz und Umweltstandards bleibt ein struktureller Vorteil, wenn die politischen Rahmenbedingungen effizient angepasst werden.
Projekte in den Bereichen grüner Wasserstoff, Windkraft und Solarenergie – etwa in Marokko, Namibia und Südafrika – bieten konkrete Chancen für Kooperationen und Marktzugang.
Internationale Konkurrenz im neuen Rennen um Afrika
China hat Afrika seit Jahrzehnten strategisch erschlossen – durch koordinierte Infrastrukturprojekte, langfristige Kredite und politisch flankierte Investitionen. Auch Indien, die Türkei und die Golfstaaten bauen ihre wirtschaftliche Präsenz zügig aus und bieten flexible, oft unbürokratische Bedingungen.
Der Politikwissenschaftler Kai Koddenbrock von der Bard College Berlin warnt:
„Ein neues Rennen um Afrika findet statt, weil die EU und die USA an Einfluss verlieren.“
Afrikas Machtverhältnisse verschieben sich zunehmend – mit Konsequenzen für Normen, Standards und Partnerschaften.
Beim G20-Gipfel 2025 betonte Vizekanzler Lars Klingbeil die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika zu stärken. Doch politische Bekenntnisse müssen in konkrete Maßnahmen münden – was bislang nur unzureichend erfolgt ist.
Deutschlands geopolitische Relevanz steht auf dem Spiel
Risiko außenpolitischer Marginalisierung
Wenn Deutschland Afrikas wirtschaftlichen Aufstieg verschläft, droht nicht nur wirtschaftlicher Schaden – auch geopolitisch verliert Berlin an Relevanz. Wer in Afrika heute investiert, beeinflusst morgen Standards, Allianzen und digitale Infrastrukturen. Frühzeitiges Engagement schafft Vertrauen, langfristige Marktanteile und geopolitischen Einfluss.
Andere Akteure wie China oder Indien nutzen Wirtschaftsdiplomatie, um ihre Position zu stärken. Deutschland hingegen riskiert, seine Glaubwürdigkeit und Soft Power langfristig zu verlieren.
Der Ruf nach einer ambitionierten Afrikastrategie
Wirtschaftsverbände fordern eine schlüssige Afrikastrategie mit klaren Prioritäten und einem langfristigen Zeithorizont. Dazu gehört eine bessere Verzahnung von Entwicklungspolitik, Handelsförderung, Steuervereinbarungen und Finanzierung.
Auch praktische Hindernisse – etwa Visa-Bürokratie oder fehlende Investitionsschutzabkommen – müssen angegangen werden. Nur durch staatlich flankierte Unterstützung können deutsche Firmen mit flexiblen Wettbewerbern aus Asien oder der Golfregion mithalten.
Deutschland kann seine Stärken in Nachhaltigkeit, Maschinenbau und Forschung nutzen, um neue Marktanteile zu gewinnen – wenn es schnell handelt.
Eine neue Ära deutsch-afrikanischer Partnerschaft ist möglich
Deutschlands Stärken liegen in hochwertiger Technologie, verantwortungsvoller Zusammenarbeit und langfristigem Engagement. Doch in einem Afrika, das rasant wächst, wird strategisches Zögern zum Nachteil. Wer heute nicht agiert, wird morgen abgehängt.
Christoph Kannengiesser bringt es auf den Punkt: Deutschland „hat viel zu bieten“, müsse aber „endlich Tempo aufnehmen“. Politisches Bewusstsein ist vorhanden – jetzt braucht es operativen Willen und konkrete Umsetzung.
Diese Person hat sich zum Thema geäußert: Analyst @upholdreality merkte an, dass
„Deutschlands Zögern bei einer klaren Afrika-Strategie nicht nur ökonomische Nachteile, sondern auch politischen Relevanzverlust bedeutet.“
Uganda President Museveni to Putin:
— COMBATE | (@upholdreality) July 28, 2023
"One facet of neo-colonialism and colonialism was Africa being confined to producing only raw materials, crops, like coffee, and minerals. I can give you an example: the global business for coffee is worth $460 billion. That is the value of… pic.twitter.com/zHwonlUw24
Der globale Wettbewerb um Afrikas Zukunft ist in vollem Gange. Deutschlands Verhalten in den kommenden Jahren wird bestimmen, ob es nur Beobachter bleibt – oder eine gestaltende Rolle im afrikanischen Aufschwung einnimmt. Der „Afrika-Turnaround“ ist möglich – aber nur, wenn Reden endlich zu Handeln wird.