Deutschlands Außenpolitik durchläuft 2025 einen tiefgreifenden Wandel. Unter Außenminister Johann Wadephul signalisiert das Land eine neue Ära sichtbarer Führung, stärkerer Partnerschaften und eines erneuerten globalen Verantwortungsgefühls. Angesichts zahlreicher internationaler Krisen und beispielloser Herausforderungen für die Weltordnung ist Deutschlands Ansatz geprägt von einem pragmatischen Mix aus Kontinuität und Innovation.
Die Prioritäten der Regierung reflektieren einen klaren Fokus auf Sicherheit, Wohlstand und jene Werte, die Europas Nachkriegsstabilität begründet haben.
Die Wadephul-Doktrin: Fokus auf Sicherheit, Freiheit und Wohlstand
Ein realistischer und fokussierter Ansatz
Johann Wadephul macht deutlich, dass seine Außenpolitik von den wesentlichen Zielen getragen wird:
„Vorrang haben für mich Sicherheit, Freiheit und Wohlstand in Deutschland und Europa. Das ist ein anderer Fokus. Aber Außenpolitik eignet sich nicht für revolutionäre Akte; Kontinuität ist wichtig, sonst würde unsere Verlässlichkeit infrage gestellt.“
Dieser realistische Ansatz betont Dialog und Engagement – auch mit Ländern, die westliche Werte nicht teilen. Wadephul unterscheidet sich damit deutlich von seiner Vorgängerin Annalena Baerbock, indem er betont, jeden Dialogpartner ernst zu nehmen, ohne deutsche oder europäische Interessen und Werte aufzugeben. Dieses Engagement in Kombination mit Prinzipientreue soll Deutschland als einflussreiches und verlässliches Land positionieren.
Reaktion auf Forderungen nach größerer Verantwortung
Wadephuls Vision wird geprägt durch die wachsende internationale Erwartung, dass Deutschland eine aktivere Führungsrolle übernimmt: „Im Gespräch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen höre ich seit Jahren den Wunsch nach mehr deutscher Verantwortung, mehr Mäßigung und auch mehr Führung – nicht nur in Europa. Genau da will ich ansetzen, denn das bildet den Kern des Handwerks Diplomatie.“ Dieses Verantwortungsbewusstsein erstreckt sich über Europa hinaus und umfasst globale Partnerschaften und Krisenregionen.
Allianzen und Partnerschaften stärken
Revitalisierung transatlantischer und europäischer Beziehungen
Wadephuls erste Wochen im Amt waren geprägt von intensiver diplomatischer Aktivität. Er besuchte Hauptstädte wie Paris, Warschau, Lwiw, Jerusalem, London, Madrid, Lissabon, Washington und Antalya sowie zahlreiche Gäste in Berlin. Diese Reisen sind mehr als symbolisch: Sie signalisieren Deutschlands Willen zu sichtbarer und proaktiver Außenpolitik.
Auf dem NATO-Treffen in der Türkei bekräftigte Wadephul Deutschlands Einsatz für das Bündnis:
„Deutschland will diese Allianz stärken.“
Das Land hat sich verpflichtet, die NATO-Zielvorgabe von 3,5 % des BIP im direkten Verteidigungsbeitrag zu erfüllen und weitere 1,5 % in militärische Infrastruktur zu investieren – ein Zeichen neu gewonnenen Ernstes in der kollektiven Sicherheit.
Vertiefung der Beziehungen zu Schlüsselpartnern
Deutschlands Außenpolitik setzt jetzt auf engere Zusammenarbeit mit traditionellen Verbündeten und aufstrebenden Mächten. Die Beziehung zu Frankreich bleibt eine „Konstante unserer Außenpolitik“, so Wadephul bei einem Auftritt mit dem französischen Außenminister Jean-Noel Barrot. Auch Polen erlebt eine Erneuerung der Freundschaft, symbolisiert durch das Deutsch-Polnische Forum in Berlin.
Die Partnerschaft mit den USA bleibt zentral, vor allem angesichts von Handelsstreitigkeiten und der Notwendigkeit einer starken transatlantischen Strategie. Im Umgang mit China verfolgt die Regierung einen ausgewogenen Kurs zwischen wirtschaftlicher Kooperation und „De-Risking“, wobei China als wichtiger Partner und gleichzeitig als systemischer Rivale gesehen wird.
Ausbau der Außenpolitik im Indo-Pazifik
Deutschlands Engagement reicht bis in den Indo-Pazifik: Frieden und Stabilität dort sind eng mit europäischer Sicherheit verbunden. Wadephul wirbt für engere Kooperation mit Indien und sieht Chancen in Handel, Fachkräfteaustausch und Sicherheit:
„Wir sind uns einig: Frieden und Stabilität im Indo‑Pazifik hängen eng mit Frieden und Stabilität im europäischen Atlantikraum zusammen. Entscheidend ist eine intensivierte Zusammenarbeit in Handel, Fachkräftegewinnung und Sicherheitsfragen.“
Wahrung historischer Verantwortung und Werte
Verpflichtung zur Sicherheit Israels
Ein Kernaspekt von Wadephuls Außenpolitik ist Deutschlands historische Verantwortung für Israels Sicherheit. Sein erster Auslandsbesuch führte ihn nach Israel, wo er betonte: „Angesichts unserer historischen Verpflichtung gehört es zur deutschen Staatsraison, für die Sicherheit und das Existenzrecht des Staates Israel einzustehen. Das müssen wir täglich leben und atmen.
“ Dieses Bekenntnis prägt Deutschlands Haltung im Nahen Osten und seinen Umgang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Gleichzeitig zeigt Wadephul humanitäre Sensibilität: Er befürwortet eine Waffenruhe für Gaza und sieht es als lohnenswertes Ziel an:
„Es lohnt jeden Einsatz und jede Anstrengung, eine Waffenruhe zu erreichen.“
Seine Haltung soll zeigen, dass Freundschaft und Unterstützung für Israel offenere Kritik oder Diskussionen nicht ausschließen.
Grundsätze mit Pragmatismus verbinden
Wadephuls Außenpolitik ist geprägt von der Bereitschaft, schwierige Gespräche zu führen, ohne Grundprinzipien aufzugeben. Zu Russland sagte er, man dürfe Dialog nicht pauschal verweigern, doch echte Gespräche setzten Friedenfähigkeit auf allen Seiten voraus. Er rief Präsident Putin auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren:
„Der Ball liegt sehr bei Herrn Putin.“
Anpassung an globale Umbrüche
Reaktion auf Krise und Konflikt
Die aktuelle Weltlage ist geprägt von Instabilität – vom Krieg in der Ukraine bis zur humanitären Krise in Gaza. Wadephul hat darauf reagiert, indem er Deutschlands Außenpolitik sichtbarer und reaktionsfähiger machte:
„Unsere Freiheit und unser Wohlstand in Europa können nicht mehr für selbstverständlich gehalten werden. Deshalb stehen wir so geschlossen mit unseren Partnern und Verbündeten ein, um diese Werte zu verteidigen und für unsere Freiheit einzutreten.“
Die neue Regierung unter Kanzler Merz und Außenminister Wadephul stärkt die Koordination in der Außenpolitik durch die Schaffung eines nationalen Sicherheitsrats im Kanzleramt – ein Ansatz zur besseren Krisenreaktion und Führung.
Außen- und Entwicklungspolitik koordiniert umsetzen
Wadephul betont die Notwendigkeit der Integration von Außen- und Entwicklungspolitik: „Wir wollen eine vollständig koordinierte Außen‑ und Entwicklungspolitik betreiben. Darauf wartet Europa – und damit auch die Welt. Die Herausforderungen sind gewaltig.“ Diese Sicht unterstreicht, dass Sicherheit, Wohlstand und Stabilität miteinander verknüpft sind und ganzheitliche Lösungsansätze brauchen.
Komplexe Beziehungen navigieren
Strategische Ambivalenz in schwierigen Partnerschaften
Deutschlands Beziehungen zu Russland und China sind geprägt von Ambivalenz: Dialog ja, aber undurchsichtiger Interessenlage Vorsicht geboten. Im Umgang mit China setzt die Regierung auf wirtschaftliches Engagement, ohne Risiken zu ignorieren – eine echte Herausforderung im globalisierten Zeitalter.
Diplomatie im Nahen Osten und darüber hinaus
Deutschlands Engagement im Nahen Osten folgt der Maxime: Diplomatie, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor Souveränität sind entscheidend. In einer gemeinsamen Erklärung mit Oman betonte Wadephul:
„Sicherheit und Stabilität können nicht durch Gewalt oder aufoktroyierte militärische Lösungen erreicht werden. Der einzige Weg zu einem gerechten und dauerhaften Frieden führt über politische Verhandlungen, diplomatische Kanäle, Rechtsstaatlichkeit und Respekt vor der Souveränität der Staaten.“
Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne
Sichtbare Führung in turbulenten Zeiten
Wadephuls aktive Diplomatie – mit Reisen zu Schlüssel-Hauptstädten und Engagement auf internationalen Plattformen – zeigt Deutschlands Anspruch auf eine sichtbarere und einflussreichere Rolle. Sein besonnener Stil wird von europäischen Kollegen als Zeichen eines wieder handlungsfähigen Deutschlands gesehen.
Der Fokus liegt nicht auf spektakulären Kurswechseln, sondern auf verlässlichem Verhalten und der Bereitschaft, mehr Verantwortung zu übernehmen. Wadephul: „Ich möchte die deutsche Außenpolitik und damit das Agieren des Auswärtigen Amtes konsequent an den Interessen Deutschlands und Europas ausrichten. Kurz gesagt: Konzentration auf das Wesentliche.“
Reaktion auf internationale Erwartungen
Es besteht ein deutliches Bewusstsein dafür, dass die Welt auf mehr deutsche Führung hofft. Wadephul folgt diesen Erwartungen und will Deutschland nicht nur in Europa, sondern global neu positionieren.
Die Maßnahmen der Regierung 2025 – von der Verteidigungsaufstockung bis zur diplomatischen Ausrichtung und dem Bekenntnis zu Partnerschaften – zeigen Deutschlands Willen, die internationale Ordnung in unsicheren Zeiten aktiv mitzugestalten. Deutschlands neue Außenpolitik ist geprägt von Führung, Partnerschaft und starkem Verantwortungsbewusstsein. Angesichts zunehmender globaler Herausforderungen tritt Deutschland nicht mit großen Gesten auf, sondern mit stetigem, wertegeleitetem und pragmatischem Engagement.