Am 13. September 2025 fand am Brandenburger Tor in Berlin eine der größten Anti-Kriegsdemonstrationen der letzten Jahre in Deutschland statt. Nach Polizeiangaben versammelten sich rund 12.000 Menschen, laut Veranstaltern sogar bis zu 20.000. Organisiert wurde der Protest von der links-populistischen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die Demonstration richtete sich gegen Deutschlands Rolle in den aktuellen Konflikten im Nahen Osten – insbesondere im Gazastreifen – sowie in der Ukraine. Die Teilnehmer forderten ein Ende der Waffenlieferungen und riefen zu diplomatischen Lösungen statt militärischer Eskalation auf. Dabei wurden palästinensische Flaggen, russisch-deutsche Fahnen und Transparente mit der Aufschrift „Stoppt das Töten“ getragen.
Der Protest fiel in eine Phase wachsender Kritik an der militärischen Ausrichtung der deutschen Außenpolitik. Im August 2025 hatte die Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz bestimmte Waffenlieferungen an Israel vorübergehend gestoppt – eine Reaktion auf internationale Verurteilungen der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen. Die Demonstrierenden äußerten dabei nicht nur Ablehnung gegenüber konkreten Einsätzen, sondern auch eine generelle Müdigkeit angesichts wachsender deutscher Beteiligung an globalen Konflikten.
Vielfältige Stimmen und deutliche Kritik
Sahra Wagenknecht, die Vorsitzende des BSW, hielt eine zentrale Rede bei der Kundgebung. Sie verurteilte sowohl die Angriffe der Hamas auf israelische Zivilisten als auch das militärische Vorgehen Israels, das sie als „Vernichtungskrieg“ bezeichnete. Sie betonte, dass Deutschlands historische Verantwortung aus dem Holocaust nicht zur Rechtfertigung von bedingungsloser Unterstützung für Aktionen herangezogen werden dürfe, die nach Meinung vieler Beobachter völkerrechtlich problematisch seien.
Ihre Ausführungen zielten auf eine tiefere Auseinandersetzung mit Deutschlands Selbstverständnis in Bezug auf Krieg und Frieden ab. Wagenknecht forderte eine selbstkritische Prüfung außenpolitischer Grundannahmen und einen Kurswechsel hin zu diplomatischem Engagement.
Kulturelle Stimmen stärken die Protestbotschaft
Auch internationale Persönlichkeiten trugen zur Wirkung des Protestes bei. Der Mitbegründer der Band Pink Floyd, Roger Waters, meldete sich per Videoübertragung zu Wort und sprach seine Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung aus. Der israelische Historiker Moshe Zuckerman übermittelte aus Tel Aviv eine kritische Einschätzung zur Lage im Gazastreifen und regte zur historischen und ethischen Reflexion an.
Diese Beiträge verliehen der Veranstaltung eine globale Dimension und verdeutlichten, dass die Kritik an militärischer Eskalation über nationale Grenzen hinaus Anklang findet. Die Berliner Kundgebung wurde so zu einem Knotenpunkt internationaler Friedensforderungen.
Gesellschaftliche und politische Bedeutung
Der Protest artikulierte sich nicht nur gegen spezifische Auslandseinsätze, sondern auch gegen innenpolitische Entwicklungen wie die Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Die Slogans und Schilder richteten sich gegen eine erneute Aufrüstung Europas und warben für Diplomatie als zentrales Mittel der Konfliktlösung.
Diese Haltung spiegelt eine wachsende Skepsis gegenüber sicherheitspolitischen Maßnahmen wider, die auf militärische Stärke statt auf Verhandlungen setzen. Teile der Zivilgesellschaft positionieren sich zunehmend gegen das Narrativ der militärischen Notwendigkeit und fordern eine Friedenspolitik, die soziale und humanitäre Aspekte stärker berücksichtigt.
Regierung unter innenpolitischem Druck
Die Bundesregierung steht damit vor einer schwierigen Balance. Einerseits gilt es, internationalen Bündnissen wie der NATO und der Unterstützung für die Ukraine treu zu bleiben, andererseits wächst der Druck aus der Bevölkerung, militärische Zurückhaltung zu üben. Der Berliner Protest machte deutlich, dass Friedensforderungen nicht mehr nur vereinzelt auftreten, sondern als breitere gesellschaftliche Bewegung in Erscheinung treten.
Die Rolle Deutschlands als zweitgrößter Waffenlieferant Israels gerät dabei zunehmend in die Kritik. Während ein Teil der Bevölkerung sicherheitspolitische Maßnahmen als notwendig erachtet, stellt ein anderer Teil deren moralische und humanitäre Legitimität infrage – besonders angesichts ziviler Opfer in Konfliktgebieten.
Wandelnde außenpolitische Landschaft und öffentlicher Widerspruch
Die Berliner Demonstration könnte sich als Wendepunkt in der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik erweisen. Die öffentliche Ablehnung militärischer Beteiligung gewinnt an Sichtbarkeit und Einfluss. Parteien wie das BSW werden versuchen, dieses Momentum politisch zu nutzen insbesondere im Vorfeld kommender Landtags- und Bundestagswahlen.
Gleichzeitig steht die Regierung unter wachsendem Legitimationsdruck, sicherheitspolitische Entscheidungen stärker zu erklären und demokratisch zu verankern. Außenpolitische Kurskorrekturen könnten sich in Zukunft stärker an gesellschaftlichen Stimmungen orientieren müssen.
Reaktionen aus Politik und Zivilgesellschaft
Die Reaktionen auf die Kundgebung fielen entlang ideologischer Linien unterschiedlich aus. Während konservative Kreise die Proteste als weltfremd kritisierten, sahen sie linke und bürgerrechtliche Organisationen als Ausdruck demokratischer Verantwortung. Die Auseinandersetzung um Deutschlands militärische Rolle wird zunehmend auch auf kultureller Ebene geführt – mit Einfluss auf Bildung, Medien und öffentliche Debattenräume.
Ein Kommentator äußerte sich auf X zur Veranstaltung und betonte, dass der Protest „eine tiefgreifende gesellschaftliche Debatte über Deutschlands Rolle in militärischen Konflikten und Rüstungspolitik“ widerspiegele. Diese Einschätzung verdeutlicht, dass es sich nicht um ein isoliertes Ereignis handelt, sondern um Teil einer breiteren politischen Neuorientierung.
🇩🇪 Berlin protests against Germany’s involvement in Ukraine & MidEast
— Joachim H (@joeberlin53) September 14, 2025
Demonstrators flooded the streets of Berlin, demanding Germany end its involvement in the conflicts in the Middle East and Ukraine.
Protesters were calling for DIPLOMACY over escalation.
In a major moment,… pic.twitter.com/XmiS09Vzba
Ein Land an einem außenpolitischen Scheideweg
Der Anti-Kriegsprotest vom September 2025 in Berlin war mehr als nur eine Demonstration. Er brachte grundlegende Fragen über Deutschlands militärisches Engagement, seine Verantwortung gegenüber Konfliktparteien und seine internationale Positionierung auf den Punkt. In Zeiten globaler Krisen muss die Bundesregierung Wege finden, Sicherheitserfordernisse mit moralischen und menschenrechtlichen Prinzipien zu vereinen.
Ob die aktuellen Proteste zu einem nachhaltigen Politikwechsel führen oder lediglich ein temporärer Ausdruck gesellschaftlicher Unzufriedenheit bleiben, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Fest steht jedoch: Die öffentliche Debatte über Krieg und Frieden hat in Deutschland 2025 eine neue, lautstarke Phase erreicht.