Deutschland drängt auf EU-weites Abkommen zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Drittstaaten

Deutschland drängt auf EU-weites Abkommen zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Drittstaaten

Deutschland verstärkt seine Bemühungen, ein EU-weites Abkommen durchzusetzen, das es ermöglicht, abgelehnte Asylbewerber – also Personen, deren Anträge abgelehnt wurden und die nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren können – in sichere Drittstaaten umzusiedeln. Diese Initiative unter der Leitung von Innenminister Alexander Dobrindt ist zum zentralen Bestandteil der deutschen Migrationspolitik geworden, insbesondere nach einem politischen Richtungswechsel und wachsender öffentlicher Sorge über das Niveau der Zuwanderung.

Politischer Hintergrund: Wahlversprechen und öffentlicher Druck

Der neue Vorstoß erfolgt nach dem Wahlsieg der konservativen Union unter Kanzler Friedrich Merz im Februar 2025. Die Union hatte im Wahlkampf strengere Migrationskontrollen versprochen. Obwohl die Zahl der Asylanträge im Jahr 2024 gesunken ist, bleibt das Thema politisch brisant. Viele Wähler empfinden die Zuwanderung weiterhin als unkontrolliert. Laut aktuellen Daten wurden im Jahr 2024 rund 30,5 % der Asylanträge in Deutschland inhaltlich abgelehnt, ein weiteres Viertel aus formalen Gründen – beide Werte liegen über dem Vorjahresniveau.

Das Drittstaaten-Modell: Ein europäischer Ansatz

Minister Dobrindt betonte, dass die Verlagerung abgelehnter Asylbewerber in Drittstaaten nur auf EU-Ebene realisierbar sei. Ein einzelnes Mitgliedsland könne ein solches System weder rechtlich noch praktisch allein bewältigen. Daher sei eine EU-weite Harmonisierung der Rechtsgrundlagen und enge operative Zusammenarbeit erforderlich.

„Wir brauchen Drittstaaten, die bereit sind, Migranten aufzunehmen, die objektiv nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren können“, sagte Dobrindt gegenüber der Welt am Sonntag.

Bereits im Mai schlug die Europäische Kommission vor, dass Mitgliedsstaaten Asylanträge ablehnen können, wenn Migranten zuvor durch ein sicheres Drittland gereist sind. Ziel ist es, diese Personen dorthin zurückzuführen, statt sie in der EU zu behalten. Der Vorschlag ist jedoch noch nicht von den Regierungen oder dem EU-Parlament verabschiedet worden und steht in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Diese befürchten eine Aushöhlung des Asylrechts und potenzielle Gefahren für die Betroffenen.

Herausforderungen und Kontroversen

Deutschlands Kurs in Sachen verschärfter Grenzschutz und Rückführungen führt zu Spannungen mit Nachbarstaaten, die sich gegen Rückführungen wehren. Auch innerhalb Europas ist das Thema Drittstaatenverarbeitung rechtlich und politisch umstritten.

  • Italiens Plan, auf dem Meer abgefangene Asylsuchende in Albanien zu verarbeiten, ist aufgrund juristischer Einwände blockiert.
  • Das Vereinigte Königreich hatte versucht, Asylbewerber nach Ruanda zu schicken – eine umstrittene Politik, die inzwischen fallen gelassen wurde.

Diese Beispiele zeigen die enormen rechtlichen und praktischen Hürden bei der Umsetzung solcher Modelle.

Der Weg nach vorn: Chancen für ein EU-Abkommen

Trotz aller Hindernisse zeigt sich Dobrindt optimistisch, dass die Grundlagen für eine gemeinsame EU-Strategie gelegt werden. Nur ein kollektives Vorgehen könne den komplexen Realitäten der Migration gerecht werden, für faire Lastenverteilung sorgen und die Außengrenzen der EU effektiv schützen.

Die Vorschläge der EU-Kommission befinden sich noch in der Abstimmung zwischen nationalen Regierungen und dem EU-Parlament. Der Ausgang hängt davon ab, ob Sicherheitsbedenken, humanitäre Verpflichtungen und rechtliche Standards miteinander vereinbar sind.

Deutschlands Vorstoß für ein EU-Abkommen zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Drittstaaten ist Ausdruck innenpolitischen Drucks und europäischer Migrationsherausforderungen. Während einige EU-Staaten den Plan unterstützen, stößt er auf erhebliche rechtliche und ethische Bedenken. Die kommenden Monate werden zeigen, ob sich ein Konsens finden lässt – oder ob Europa beim Thema Migration weiter tief gespalten bleibt.