Afghanische Fußballspielerin droht Abschiebung aus Deutschland

Afghanische Fußballspielerin droht Abschiebung aus Deutschland

“Als ich den Brief erhielt, in dem stand, dass ich möglicherweise nach Italien abgeschoben werde, überkam mich ein Gefühl tiefer Hoffnungslosigkeit, Angst und Unsicherheit”, erzählt Nazira Khairzad. “Ich war traurig und geschockt. Seitdem lebt meine Mutter in ständiger Angst und Stress. Sie schläft kaum noch, weil sie fürchtet, dass die Polizei plötzlich kommt und ihre Tochter mitnimmt.”

Die 21-jährige Afghanin floh nach der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 getrennt von ihrer Familie aus Afghanistan. Zunächst gelangte sie nach Italien, während ihre ältere Schwester Nazima, 23, zusammen mit dem Rest der Familie über Pakistan nach Deutschland kam. Die Schwestern wurden erst Anfang 2024 im Raum Frankfurt wiedervereint – nach Jahren der Trennung.

“Es war eine schwere Zeit – wir konnten uns lange nicht sehen”,

erinnert sich Nazira.

“Jetzt sind wir glücklich, wieder zusammen zu sein.”

Ein Leben voller Träume und Widerstände

Schon als Kinder verband die Schwestern eine enge Beziehung. In der afghanischen Provinz Bamiyan gingen sie gemeinsam Skifahren, Klettern und spielten Fußball. “Ich bin sehr stolz auf meine Schwester – sie ist mein Vorbild und meine beste Freundin”, sagt Nazira.

Trotz kultureller Vorbehalte ihrer Eltern setzten sie sich durch: Nazima wurde eine erfolgreiche Skifahrerin und Bergsteigerin, Nazira Torhüterin der afghanischen Frauen-Nationalmannschaft im Fußball.

Mit der Rückkehr der Taliban im August 2021 änderte sich alles. Wie viele Sportlerinnen mussten sie das Land verlassen.

“Mein Leben war in Afghanistan in Gefahr”,

sagt Nazira.

“Wäre ich geblieben, hätten die Taliban mich vermutlich getötet.”

Seit ihrer Machtübernahme haben die Taliban Frauen das Sporttreiben verboten. Die meisten Sportlerinnen flohen ins Ausland.

Exil, Isolation und drohende Abschiebung

Drei einsame Jahre verbrachte Nazira in Italien, bevor sie 2024 endlich zu ihrer Familie nach Deutschland ziehen konnte. Doch kaum beginnt sie hier Fuß zu fassen, droht ihr die Abschiebung – zurück nach Italien, dem Land, das ihr zuerst Asyl gewährte.

“Meine Familie braucht mich”, erklärt sie. “Meine Mutter ist krank, sie braucht meine Nähe und emotionale Unterstützung. Auch meine Schwester, die letztes Jahr wegen eines Hirntumors operiert wurde, braucht mich.”

Zusammen mit ihrer Anwältin Elke Gabsa versucht die Familie, die Abschiebung zu verhindern. Doch die Rechtslage ist kompliziert: “Wer in einem EU-Land als Flüchtling anerkannt ist, kann grundsätzlich keinen Asylantrag in einem anderen Mitgliedsstaat stellen”, erklärt Gabsa.

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in der Vergangenheit Ausnahmen gemacht, wenn im Aufnahmeland systemische Mängel bestehen, die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung befürchten lassen – etwa in Griechenland oder Italien. Diese Rechtsprechung wurde zuletzt jedoch verschärft.

Hoffnung trotz aller Widrigkeiten

Trotz schlechter Chancen hoffen Nazira und ihr Anwaltsteam, dass Deutschland ihre familiäre und persönliche Situation berücksichtigt. “Eine Trennung von ihrer Familie würde gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verstoßen”, sagt Gabsa. “Ihre Mutter und Schwester sind auf ihre Unterstützung angewiesen.”

In Deutschland hat sich Nazira inzwischen ein neues Leben aufgebaut: Sie arbeitet in Teilzeit, lernt die Sprache und spielt wieder Fußball.

“Ich bemühe mich sehr, mich zu integrieren”,

sagt sie.

“Fußball ist für mich mehr als nur ein Sport – es ist meine Leidenschaft und ein Weg in eine bessere Zukunft. Ich habe früher bei AC Mailand trainiert. Heute träume ich davon, in Frankfurt zu spielen.”

Sie hofft auf ein positives Urteil.

“Ich möchte in Deutschland bleiben, mit meiner Familie leben, arbeiten, Fußball spielen und ein aktiver, wertvoller Teil dieser Gesellschaft sein. Ich wünsche mir ein sicheres, würdiges Leben – mit viel Hoffnung und Engagement.”