Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich mit deutlichen Worten gegen die israelischen Militäraktionen im Gazastreifen gewandt. Bei einer Veranstaltung des WDR Europaforums 2025 erklärte Merz, dass die fortgesetzten Angriffe auf Gaza nicht länger als legitime Bekämpfung des Terrorismus gerechtfertigt werden könnten. Diese Äußerung markiert einen bemerkenswerten Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik und wirft Fragen zur Balance zwischen Solidarität mit Israel und der Wahrung humanitärer Prinzipien auf.
Hintergrund der Kritik
Die israelischen Luftangriffe auf Gaza, die seit dem 7. Oktober 2023 andauern, haben zu erheblichen zivilen Verlusten geführt. Berichten zufolge wurden mehr als 53.500 Palästinenser getötet, während über 1.200 Israelis ums Leben kamen und etwa 250 als Geiseln genommen wurden. Die internationale Gemeinschaft, einschließlich Deutschland, zeigte zunächst Verständnis für Israels Recht auf Selbstverteidigung. Jedoch häufen sich seitdem Berichte über die Zerstörung ziviler Infrastruktur, die Blockade von Hilfslieferungen und die Einschränkung grundlegender Menschenrechte in Gaza.
Ein besonders erschütterndes Ereignis war der israelische Luftangriff auf die Fahmi al-Jarjawi-Schule in Gaza am 26. Mai 2025, bei dem mindestens 36 Menschen, darunter viele Frauen und Kinder, getötet wurden. Israel gab an, Militante ins Visier genommen zu haben, die die Schule für operative Planungen nutzten. Die Hamas bezeichnete den Angriff als „brutales Massaker“ und warf Israel ethnische Säuberung vor. Internationale Reaktionen, einschließlich der deutschen Kritik, nahmen daraufhin zu.
Merz’ Stellungnahme
Friedrich Merz betonte, dass Deutschland als „besonderer Freund“ Israels nicht tatenlos zusehen könne, wenn das humanitäre Völkerrecht verletzt werde. Er erklärte, dass die fortgesetzte Belastung der Zivilbevölkerung in Gaza nicht länger mit der Bekämpfung des Hamas-Terrorismus gerechtfertigt werden könne. Merz unterstrich, dass Deutschland klare Worte finden müsse, wenn internationale Normen überschritten würden, auch wenn dies die enge Partnerschaft zu Israel betreffe.
Internationale Reaktionen
Die Äußerungen von Merz stoßen international auf unterschiedliche Resonanz. In Deutschland äußerten auch andere Politiker, darunter Vertreter der Sozialdemokraten, Besorgnis über die Eskalation der Gewalt und forderten eine Neubewertung der Waffenexporte an Israel. Amnesty International kritisierte Merz jedoch für seine Einladung an Premierminister Benjamin Netanyahu nach Berlin, trotz internationaler Haftbefehle wegen Kriegsverbrechen in Gaza.
Auf internationaler Ebene gab es ebenfalls Reaktionen. Jordanien verurteilte provokative Aktionen von jüdischen Ultrarechten in Jerusalem, darunter die Schändung des Korans und rassistische Parolen während des jährlichen Flaggenmarsches. Diese Ereignisse trugen zur weiteren Verschärfung der Spannungen bei.
Deutschlands Rolle und Verantwortung
Deutschland steht in einer schwierigen Position. Als Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs ist es verpflichtet, internationale Normen zu wahren. Dennoch hat die Bundesregierung in der Vergangenheit Waffenexporte an Israel genehmigt, die in den Konflikt involviert waren. Experten argumentieren, dass solche Exporte die Glaubwürdigkeit Deutschlands in Bezug auf Menschenrechte und internationale Ordnung untergraben könnten.
Gleichzeitig ist Deutschland in der Region aktiv, etwa durch die Unterstützung humanitärer Hilfsorganisationen und diplomatische Bemühungen um eine Waffenruhe. Die Gaza Humanitarian Foundation, unterstützt von den USA und Israel, plant die Lieferung von Hilfe für eine Million Palästinenser, trotz interner Herausforderungen.
Die Äußerungen von Bundeskanzler Merz markieren einen Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik. Sie spiegeln die wachsende Besorgnis über die humanitäre Lage in Gaza wider und fordern eine Neubewertung der deutschen Unterstützung für Israel. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Haltung in konkreten politischen Maßnahmen niederschlägt und welche Auswirkungen sie auf die Beziehungen zwischen Deutschland, Israel und der internationalen Gemeinschaft haben wird.