Trumps Handelskrieg stellt Deutschlands Wirtschaftsmodell auf die Probe

Trumps Handelskrieg stellt Deutschlands Wirtschaftsmodell auf die Probe

Handelsprotektionismus ist kein neues Phänomen — auch nicht in Deutschland. Schon im 19. Jahrhundert versuchte Kanzler Otto von Bismarck, durch Schutzzölle auf Weizenimporte die heimische Landwirtschaft zu schützen. Der Plan scheiterte, zeigt aber: In Krisenzeiten wenden sich Länder oft nach innen.

Unter Ex-US-Präsident Donald Trump erlebt die Welt nun eine neue Welle aggressiver Zollpolitik. Seine Maßnahmen sollten die US-Wirtschaft abschotten und kehren jahrzehntelangen Freihandel um.

„Der Wohlstand westlicher Volkswirtschaften basiert stark auf offenen Märkten“, sagt Carsten Brzeski, Chefökonom bei ING. „Doch jetzt wird das zurückgedreht – der Wandel wird holprig.“

EU zögert, Trump handelt erratisch

Brzeski warnt vor schnellen Gegenreaktionen: Trumps Politik sei zu unberechenbar. Zwar erwog die EU bereits Vergeltungszölle – etwa auf Bourbon oder Motorräder – bleibt aber bislang vorsichtig.

Die wahren Ziele Trumps sind Länder mit hohem Handelsüberschuss gegenüber den USA – insbesondere China, Kanada, Mexiko und Deutschland. China traf es am härtesten: Mit 145 % Zöllen auf alle Exporte in die USA.

Deutschland im Zentrum des Konflikts

Ökonomen wie Marc Schattenberg und Robin Winkler (Deutsche Bank Research) betonen: Auch Deutschland bleibt nicht verschont. Sie fordern die neue Bundesregierung auf, Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Doch die politische Hängepartie nach Neuwahlen lähmt Berlin. Damit fehlt der EU eine starke deutsche Stimme. Für Deutschlands exportabhängige Wirtschaft ist das riskant: Branchen wie Autos, Chemie, Maschinenbau und Pharma sind stark in den USA vertreten.

Obwohl nur rund 3 % des EU-BIP auf US-Exporte entfallen, sind in Deutschland „Hunderttausende Arbeitsplätze“ betroffen, warnt Brzeski.

China könnte Europa fluten

Verliert China den US-Markt, könnten überschüssige Subventionsexporte nach Europa umgeleitet werden — mit gravierenden Folgen für die Industrie.

Zwar könnten lokal ausgerichtete Unternehmen kurzfristig profitieren, doch Brzeski sagt klar: „Niemand bleibt verschont, wenn Exporte einbrechen.“

Produktionsverlagerung in die USA? Derzeit unwahrscheinlich

Zwar prüften europäische Firmen unter Biden und dem Inflation Reduction Act eine Verlagerung in die USA — wegen Steuervorteilen und günstiger Energie. Doch Trumps erratische Politik und rechtliche Unsicherheiten bremsen diesen Trend.

Bessere Antworten als Zölle?

Eine Digitalsteuer gegen US-Tech-Konzerne wird als mögliche Reaktion diskutiert. Doch Bitkom-Geschäftsführer Fabian Zacharias warnt: „Eine Steuer als Antwort auf Handelspolitik ist der falsche Weg.“

Eine Alternative bietet Gabriel Felbermayr vom österreichischen Wifo-Institut: Die EU könnte Exportzölle auf Hightech-Güter wie Halbleitermaschinen einführen, die die USA dringend brauchen.

Brzeski bleibt skeptisch. Besser sei, die EU investiere in strukturelle Reformen, Bürokratieabbau und stärkere Integration – etwa in der Verteidigung oder Kapitalmärkte. „Das bringt mehr als lange Listen von Gegenzöllen.“