Nach dem Sturz des ehemaligen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad hat Deutschland am Montag die Bearbeitung von Asylanträgen syrischer Bürger vorübergehend eingestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erklärte, dass die veränderte Lage eine Neubewertung erforderlich mache. Dennoch bezeichnete Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Aussagen konservativer Politiker, dass syrische Flüchtlinge bald in ihre Heimat zurückkehren könnten, nur wenige Stunden nach Assads Sturz als voreilig und unbedeutend. Während ihres Aufenthalts in London sagte Faeser, Mitglied der sozialdemokratischen SPD: „Viele Menschen, die Folter, Mord und Terror erlitten haben, sind erleichtert über das Ende der brutalen Tyrannei des syrischen Diktators Assad.“
Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen
Die deutsche Regierung solle Flugzeuge nach Syrien chartern und finanzielle Anreize für die Rückkehr syrischer Flüchtlinge bieten, forderte Jens Spahn, ein führender Politiker der CDU/CSU-Opposition, am Montag. Mehrere seiner Parteikollegen unterstützten seine Forderungen. Nach über zehn Jahren Bürgerkrieg in Syrien und Assads Flucht nach Russland haben am Wochenende syrische Oppositionskräfte die Hauptstadt Damaskus eingenommen. Der Sturz von Assads Regime hat das Land jedoch zwischen rivalisierenden Gruppen gespalten, darunter kurdische Kräfte und islamistische Extremisten. Wer Assads autoritäre Kontrolle in Damaskus ersetzen wird, bleibt unklar. Eine Schlüsselrolle spielt die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), ein ehemaliger al-Qaida-Ableger, der von den USA, Großbritannien und der EU als Terrororganisation eingestuft wird. Tausende Syrer in Deutschland feierten am Wochenende den Sturz Assads. Etwa eine Million Syrer, die vor dem Bürgerkrieg geflohen sind, leben derzeit in Deutschland.
Öffentliche Meinung zu syrischen Flüchtlingen
Die Entscheidung Deutschlands, Asylverfahren zu pausieren, betrifft über 47.000 Anträge von Syrern. Der Bürgerkrieg und die politische Situation in Syrien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Ein BAMF-Sprecher erklärte, dass unklare Verhältnisse im Herkunftsland zu einer Verzögerung der Asylentscheidungen führen könnten. Dies bedeutet, dass syrische Anträge zurückgestellt und andere Verfahren vorgezogen werden. Laut Faeser besteht für viele syrische Flüchtlinge die Chance zur Rückkehr und zum Wiederaufbau ihres Landes. Die derzeitige Lage in Syrien sei jedoch unsicher, sodass konkrete Rückkehrpläne schwer abzuschätzen seien.
Politische Folgen in Deutschland
Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU, forderte am Montag, dass Deutschland auf Abschiebungen nach Syrien vorbereitet sein müsse, da Flüchtlingsschutz nur eine temporäre Maßnahme sei. Viele Syrer würden freiwillig zurückkehren wollen, was durch Reisekostenzuschüsse gefördert werden solle. Der Vorsitzende der rechtsextremen AfD forderte ebenfalls eine schnelle Rückführung syrischer Flüchtlinge. Grüne und linke Abgeordnete reagierten empört. Grünen-Abgeordneter Julian Pahlke kritisierte: „Über Abschiebungen nur 24 Stunden nach Assads Sturz zu sprechen, ist innenpolitisch motiviert.“ Linken-Politikerin Clara Bünger verurteilte solche Forderungen als „rechtsextreme Wunschträume“.
Zukunft der syrischen Flüchtlinge in Europa
Assad erklärte, Moskau habe eine schnelle Evakuierung nach Russland gefordert, da der Militärstützpunkt zunehmend Drohnenangriffen ausgesetzt war. Diese Darstellung konnte nicht unabhängig bestätigt werden. Burcu Ozcelik vom Londoner Thinktank Royal United Services Institute sagte, Assad wolle vermitteln, dass er nicht die Absicht gehabt habe, Syrien zu verlassen.